Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne Frieden nichts
Willy Brandt, 3.11.1981 in Bonn
Vorankündigung zu den Überlinger Friedenstagen am 17. und 18. Oktober 2025
Dorfgemeinschaftshaus Überlingen-Bambergen Dorfstraße 29
Demokratie? Macht? Frieden? Was Demokratie und Frieden stärkt, was Demokratie und Frieden gefährdet: Sind wir auf dem Weg in eine liberale Oligarchie?
Wer in Deutschland die Demokratie bedroht, ist klar: die AfD. Hunderttausende demonstrierten im vergangenen Jahr zusammen mit Vertretern der Ampelregierung gegen Rechts. Brandmauern wurden errichtet. Ohne die Gefahr durch rechtslibertäre Parteien kleinreden zu wollen, ist zu fragen, ob diese einseitig-kleinräumige Markierung rechter Gefahren für Demokratie einer tiefer gehenden Analyse standhalten kann. Das Anwachsen rechtslibertärer Parteien ist lediglich ein Symptom politisch-gesellschaftlicher Fehlentwicklungen. Kommt der zeitgenössische Faschismus nicht auch im Gewand des Antifaschismus daher?
Der öffentliche Diskurs erfuhr in den letzten Jahren immer gravierendere Einschränkungen, Meinungskorridore wurden immer mehr verengt, die Grenzen des Sagbaren immer enger gezogen. Diffamierung, Vernichtung beruflicher Existenzen und Cancel Culture bis hin zur Strafverfolgung haben das Ringen um das bessere Argument in sehr vielen Fällen ersetzt. Eine sog. „Zeitenwende“, und nun auch die Stationierung von Mittelstreckenraketen wurden am Parlament vorbei ohne öffentliche Diskussion verkündet. Beispiellose Aufrüstungsschulden der Bundesregierung und der EU sollen in einer parlamentarischen Interimsphase durchgedrückt werden, den Finanzkapitalismus am Laufen halten und für Wirtschaftswachstum sorgen. Gleichzeitig erhöhen diese Vorhaben nicht nur die Kriegsgefahr, sondern gefährden auch die Demokratieentwicklung. Aufrüstung, Militarisierung und Krieg sind mit Demokratie nicht vereinbar. Der Krieg gegen äußere Feinde findet immer seine Entsprechung im Krieg gegen die eigene Bevölkerung in Form von kognitiver Kriegsführung und Menschenrechtseinschränkungen. Das Recht auf Arbeit, Bildung, Gesundheit und Mobilität, das Recht auf ein menschenwürdiges Leben in Frieden und in einer intakten Natur auch für zukünftige Generationen sind in Gefahr. Aufrüstung bringt schwerste ökologische Belastungen mit sich, beinhaltet ein gigantisches Umverteilungsprogramm von unten nach oben, ist Klassenkampf von oben: Die Steuerzahler, die arbeitende Bevölkerung zahlen die Zeche, Finanzinvestoren und Aktionäre streichen die Profite ein.
Demokratie kann sich nicht entfalten, wenn das alle anderen Gesellschaftssphären dominierende Teilsystem, die Wirtschaft, höchst undemokratisch organisiert ist. Hier gilt das Recht des Stärkeren – nicht Gleichheit und Solidarität. Kapitalistisches Wirtschaften lässt die Reichen immer reicher, die Ärmeren immer ärmer werden. Politik folgt nicht dem Gemeinwohl, sondern den Interessen finanzstarker Lobbyisten. Neoliberale Ideologie durchdringt alle gesellschaftlichen Sphären, die kapitalistischen Denk- und Verhaltensmuster nicht nur immer weitere Lebensbereiche, sondern auch die vorpolitischen Grundlagen der Demokratie: Familie, Bildung und Kultur.
Am Freitagabend wollen wir in dieses komplexe Tagungsthema allgemeinverständlich einführen. Dabei wird es Gelegenheit für Austausch und Begegnung geben. Davor kann, wer möchte, um 17 Uhr das Video eines Vortrags von Rainer Mausfeld gemeinsam anschauen. Rainer Mausfeld hat viel zu unserem Tagungsthema zu sagen.
Am Samstag wird Jonas Tögel sprechen zum Thema
„Jeden Menschen zur Waffe machen?“ – Wie wir die kognitive Kriegsführung der NATO neutralisieren und den Frieden stärken können. Danach gibt es
zwei Arbeitsgruppen mit Aktivist:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen und Initiativen die Gelegenheit haben, Jonas Tögel zu befragen, wie sie ihr Anliegen wirkungsvoll in der
Öffentlichkeit kommunizieren und zum Mitmachen motivieren können.
Am Nachmittag wird Klaus Simon das Spannungsverhältnis zwischen Finanzkapitalismus und
Demokratie diskutieren: Demokratie und Finanzkapitalismus - eine Alliance Tragique? Weshalb
kann Demokratie in unserem Wirtschaftssystem nicht funktionieren? Und wie können wir unser
Wirtschaften so transformieren, dass es dem Gemeinwohl, der Demokratie und dem Frieden dient?
Danach sind die Teilnehmenden eingeladen, in einer von zwei Arbeitsgruppen zu den beiden
Vorträgen Fragen zu stellen und das jeweilige Thema zu vertiefen: AG 1 Wie wir die Kognitive
Kriegsführung der NATO neutralisieren und den Frieden stärken können und AG 2 Weshalb kann
Demokratie in unserem Wirtschaftssystem nicht funktionieren? Und wie können wir Wirtschaften so
transformieren, das es dem Gemeinwohl, der Demokratie und dem Frieden dient?
Ein Friedensmahl wird Teilnehmende und Vertreter:innen von Friedens- und Mitweltgruppen bei
mitgebrachtem Essen und Musik zusammenbringen. Die ganze Tagung wird von Mitgliedern der
Lebenslaute musikalisch begleitet.
Sie sind herzlich eingeladen!
Anmeldung bei dialog@friedenskonzepte.de
Als Tagungsbeitrag bitten wir um Spenden nach den individuellen Möglichkeiten. Bankverbindung: Friedensregion Bodensee e. V. DE62 4306 0967 8245 8663 00 bei der GLS-Bank, Stichwort „,Uberlinger
Friedenstage 2025" oder vor Ort.
Zwei wichtige neue Bücher zur
KOGNITIVEN KRIEGSFÜHRUNG von J. Tögel
"Die Kognitive Kriegsführung könnte das fehlende Element sein, das den Übergang vom militärischen Sieg auf dem Schlachtfeld zum dauerhaften politischen Erfolg ermöglicht." Seit dem Jahr 2020
treibt die NATO eine neue Form der psychologischen Kriegsführung voran: die sogenannte "Kognitive Kriegsführung"
("Cognitive Warfare"), die als die "fortschrittlichste Form der Manipulation" bezeichnet wird. Diese nimmt die Psyche jedes Menschen direkt ins Visier, mit einem ganz bestimmten Ziel: unseren
Verstand wie einen Computer zu "hacken".
Der Propagandaforscher Jonas Tögel erläutert die Hintergründe und Entstehungsgeschichte der Kognitiven Kriegsführung: vom Beginn moderner Kriegspropaganda vor 100 Jahren über die Militarisierung
der Neurowissenschaften bis hin zu Zukunftstechnologien wie Nano-Robotern oder Neurowaffen. Und er zeigt, dass der Gedankenkrieg über sogenannte "Soft-Power-Techniken" bereits heute meist
unbemerkt stattfindet.
Der Krieg in der Ukraine spitzt sich weiter zu - damit nimmt nicht nur die Gefahr einer militärischen Eskalation zu. Auch die Propagandaschlacht wird von allen Konfliktparteien erbittert und mit den modernsten Manipulationswaffen geführt. Von russischer Seite wird immer wieder die Karte einer möglichen atomaren Konfrontation ausgespielt. Die Falken im Westen versuchen dagegen, die Gefahr eines Nuklearkrieges als gering und paradoxerweise den russischen Invasionshunger auf Europa gleichzeitig groß darzustellen. Dabei gerät ein Aspekt ins Hintertreffen: Bereits während des Kalten Krieges simulierten sowohl die NATO-Staaten als auch die Sowjetunion immer wieder einen möglichen atomaren Konflikt. Heute führt die NATO diese Planungen und Übungen unter veränderten Vorzeichen fort. Doch über die katastrophalen Folgen einer solchen Konfrontation wird öffentlich kaum gesprochen, obwohl diese Übungen meist von einer vollständigen Zerstörung Deutschlands und weiterer Länder Europas ausgehen.
Eindrücke von der Friedenstagung und dem Konzert von Aeham Ahmad
Videoaufzeichnungen verschiedener Veranstaltungen und des Konzerts
finden Sie auf unserem youtube Kanal Friedensregion Bodensee
und in unserem aktuellen Newsletter 38 => Newsletter downloads
weitere Aufzeichnungen können bei dialog@friedenskonzepte.de angefordert werden
Ein Interview von Jürgen Dornis (FRB) mit Aeham Ahmad am 28.10.23 in Überlingen: